Ein patriotischer Gastbeitrag vom Schweizer Kollegen Urs Wild
Die Schweiz ist ein vielfältiges Land. Sprachlich, topographisch und kulinarisch. Jenseits der Staatsgrenzen sind vor allem unsere herrlichen Schokoladen und die unzähligen Käsesorten bekannt. – Leider. Denn jenseits unserer Milchprodukte, bewirtschaften mehr als 30’000 Winzer jährlich unzählige Rebflächen im ganzen Land. Ihre Produkte lassen sich mehr und mehr sehen. Und vor allem trinken. Selbst den internationalen Vergleich brauchen viele nicht zu fürchten. Bestes Beispiel: Der hier vorgestellte Compleo. Ein Schweizer Wein zum fairen Preis. – Nicht nur für Steuerflüchtlinge.
Zurück auf Anfang. Entsprechend den Landessprachen – das Rätoromanische ausgenommen – kann die Schweiz grob in drei Weinbaugebiete eingeteilt werden. Im südlich gelegenen Kanton Tessin werden vor allem Merlot und Chardonnay kultiviert. Die französische Westschweiz ist in erster Linie bekannt für Chasselas, Pinot Noir und Gamay. Und die Deutschschweiz, allen voran die Kantone Graubünden, Zürich und Thurgau, konzentrieren sich hauptsächlich auf Pinot Noir (Blauburgunder) und Müller-Thurgau. Neben diesen zentralen Sorten, gibt es je nach Lage, natürlich auch unzählige lokale Gewächse. Zum Teil auf Kleinstparzellen von einigen wenigen Hektar.
Die lagebedingt kleinen Erträge führen hierzulande oft zu Problemen. Die relativ kleinen Anbauflächen machen die Bewirtschaftung und somit die Weine nicht nur teurer, sondern verunmöglichen oft auch eine breite Streuung auf dem nationalen, geschweige denn, dem internationalen Markt. Gleichzeitig herrscht in der Schweiz ein Etiketten-Wirrwarr sondergleichen. Anders als zum Beispiel in Frankreich, Italien oder Spanien, steht oft nicht der Winzer oder ein Weingut auf der Flasche, sondern eine Genossenschaft, eine Kellerei oder eine Appellation. Das macht es für den Feld-, Wald- und Wiesen-Konsumenten leider nicht einfacher, Qualitätsweine auch als solche zu identifizieren. Allen Problemen zum Trotz, rühre ich heute – berufsbedingt – die große Werbetrommel. Schweizer Wein kann nämlich was! Auch bei 25 Grad im Schatten.
Bevor der önologische Startschuss ertönt, habe ich den Rotwein kurz im Kühlschrank zwischengeparkt. Der Compleo ist übrigens eine Cuvée aus den drei Sorten Pinot Noir, Diolinoir und Cornalin. Zu welchen Anteilen ist nicht in Erfahrung zu bringen. Zu Diolinoir nur so viel, dass es sich um eine relativ junge Züchtung aus den 70er Jahren handelt, welche meist für Verschnitte herhalten muss. Cornalin ist in unseren Breitengraden hingegen wieder bekannter. Die landestypische Traube ist vor allem im Waadtland und Wallis ansässig. Die Zürcher Staatskellerei, der Produzent des Rotweins, gehört seit 1997 zu Mövenpick.
Auf dem Grill brutzeln bereits vier fette Burger. Meine heutige Essenspaarung. Ich vertraue der Angabe auf der Webseite von Mövenpick. Da steht: Passt zu grilliertem Fleisch. Super! Schließlich habe ich aufgrund des verspätet eingesetzten Sommers noch einiges an Grillzeit aufzuholen. Schliesslich sind die Cheeseburger fertig. Erinnerungen an meine Studienzeit werden wach. Endlose Wochenend-Schichten und unzählige Fließband-Burgerproduktionen bei McDonalds erscheinen vor meinem geistigen Auge. – Ich schenke ein. Der Wein hat dank meiner Kühlmaßnahmen 15 Grad erreicht. Die ideale Trinktemperatur. Der Compleo duftet zurückhaltend, aber reichhaltig. Pinot Noir typisch auf jeden Fall. Die Kirsche kommt klar zum Vorschein. Etwas Ledriges, vielleicht Tabakartiges kann ich ebenfalls wahrnehmen. Ferner dunkle Schokolade. Farblich zeigt sich der Wein in einem schönen Purpurrot. Ich nehme einen ersten Schluck. Der Körper ist fruchtig, mittelschwer und von einer außerordentlichen, fast schon klebrigen Üppigkeit. Eine Reminiszenz an viele regionale, typische Blauburgunder.
Der Wein ist rund, unkompliziert und ungemein süffig. Zu gegrilltem Fleisch im Brötchen schmeckt er sehr gut. Und auch ohne was Passendes dazu zu essen, kann man ihn problemlos trinken. Problemlos scheint sowieso ein passender Begriff für diesen Wein zu sein. Kein Wunder ist er einer der Schweizer Kassenschlager bei Mövenpick. Einzig auf die Temperatur sollte man achten. Wird’s zu warm, schmeckt er nicht. Natürlich ist er nicht so mächtig und komplex, wie manch sonnengereifter Überseewein. Dem Fleisch hat er aber trotzdem Einiges entgegenzuhalten. Einzig die Würze fehlt ein wenig. Da hätte ich mir, nicht zuletzt aufgrund der verwendeten Traubensorten, einen Hauch mehr erwartet. Nichtsdestotrotz gefällt mir der Zürcher Compleo. Als unkomplizierter Kaminwein, zur Käse-Fleischplatte oder gegrilltem Fleisch passt er ohne Wenn und Aber. Mir schmeckt er. Sehr gut sogar. Es handelt sich um einen schnörkellosen Rotwein aus helvetischer Produktion. Ich gebe deshalb werbewirksame 17/20 Punkte. Fertig getrommelt.
Punkte: 17/20
Passt zu: gegrilltem Fleisch, reifem Käse, gemütlichen Sommerabenden
Preis: € 12.50
Über den Autor
Als begeisterter Hobbykoch und Weintrinker, beruflich fernab jeglicher gastronomischer, önologischer oder journalistischer Tätigkeit, verdient Urs Wild seine Brötchen seit mehr als einer Dekade als Musiklehrer. Infiziert durch Weinpakete bekannter Händler und einen Bordeauxsüchtigen Nachbarn, beginnt das Thema Wein eine seiner Passionen zu werden. Nach einer Reihe deprimierender Selbstversuche und zahlreichen Fehlkäufen, verfolgt Urs Wild nach wie vor unermüdlich das Ziel, vernünftige, wohlschmeckende Weine bei Händlern, Schweizer Online-Anbietern und Gastronomen aufzuspüren und zu verkosten. Die Ergebnisse seiner selbstauferlegten, niemals endenden Wein-Odyssee teilt er mit der Öffentlichkeit in Form seines Blogs: www.flaschentester.com
Die Meinung des Weinsnobs
Mein lieber Urs, eine Flasche für 12,50 Euro als süffigen Kaminwein zu bezeichnen und zur Burgerbeilage zu degradieren: Das ist ja wohl eine Beleidigung! Oder wieder einmal ein Beweis, dass das Gehaltsniveau euch zu hoch ist und ihr euch vermutlich die Weinschorle mit Cheval Blanc mixt. Diese kapitalistischen Musiklehrer…
Für mich ist der Compleo Cuvée Noire 2011 ohne weiteres ein toller Wein, der durch seine fruchtbetonte Art besticht und, trotz seiner doch sehr zurückhaltenden Nase, ausreichend Körper mit sich bringt. Er ist vollmundig, ohne aber extreme Features zu zeigen. Du sprichst von rund, ich sage einfach: Exquisite Ausgewogenheit!
Vielen Dank Urs für diese tolle Entdeckung. Ich werde den Compleo vermutlich zum Wein des Monats küren, da er mir noch besser gefällt als der Peter Lehmann Wein von vor zwei Wochen.
Den Compleo Cuvée Noire gibt es bei Mövenpick online zu bestellen für ca. 17,50 Euro.